Recht auf Home Office? Nee, oder?

„Die Digitalisierung verändert die Herrschaftsbeziehungen. Wir müssen sicherstellen, dass die Menschen von den Veränderungen profitieren“, sagte Björn Böhning (SPD) dem SPIEGEL. Der Grund dieser Äußerung ist der Beginn einer Diskussion, Home Office als Recht eines Arbeitnehmers im Gesetz zu verankern. Meine Meinung: Nein! Und ich erkläre euch gerne warum.

Es mag ein interessanter Vorschlag der SPD sein, als Ergebnis der Corona Krise das Home Office als Recht eines Arbeitnehmers zu etablieren. Oder am Ende sogar eine Quote, wie in anderen Bereichen, wo die Politik in das Unternehmertum eingreifen möchte?

Irgendwie scheint es mir, dass Menschen, die so etwas vorschlagen, die Firmen noch in einer Welt sehen, in welcher angestaubte Geschäftsführer ihre Mitarbeiter in kleine Bürozellen einsperren und über ein Gesetz dazu gezwungen werden müssen, „hipp“ zu sein. Und da sollte man auch gerne vor seiner eigenen Tür kehren: Mir ist ein Fall einer Verwaltung bekannt, in welcher die Mitarbeiter gerade Reisekoffer erhalten, um die Papierakten mit nach Hause nehmen, dort bearbeiten und wieder ins Büro bringen. Abgesehen von der Tatsache, dass dies für mich ein Sicherheitsalptraum ist. Ist das modernes Home Office?

Dabei reguliert sich das selbst.

Wie sieht meine persönlich Erfahrung aus? Sehr gespalten. So habe ich schlechte Erfahrungen mit Remote Workern gehabt; aber auch aktuell sehr viele gute. Ich gebe aber auch zu, dass ich mit zu den Geschäftsführern gehöre, die hier noch nicht das absolute Vertrauen haben. Das ist aber eine Reaktion aus den schlechten Erfahrungen, gepaart mit schlicht einer nicht optimierten Arbeitsorganisation, die zu einer Home Office Strategie dazu gehören sollte.

Ebenso ist meine Erfahrung: Nicht alle Mitarbeiter WOLLEN im Home Office arbeiten. Als ich meine Mitarbeiter in der Krise fragte, ob sie lieber Zuhause oder im Office arbeiten möchten, wollten fast alle im Office arbeiten. Aus viele guten Gründen. Ich gehe davon aus, dass viele Unternehmen nach der Corona Krise wieder zur gewohnten Arbeit im Office zurückkehren. Weil sie einfach den sozialen Kontakt und die Fokussierung auf die Arbeit wünschen.

Betrachten wir dazu ein paar Aspekte, denn es gibt zahlreiche Studien, die sich für oder gegen Home Office aussprechen:

Pro Home Office

  • Es schont das Klima und die Umwelt, wenn die Mitarbeiter nicht mehr zum Arbeitsort pendeln müssen.
  • Es motiviert Mitarbeiter und ermöglicht flexible Arbeitszeitstrukturen, z.B. bei Eltern mit notwendiger Kinder- oder Altenbetreuung.
  • Die Mitarbeiter arbeiten gerne auch mal länger an einem Thema.
  • Körperliche oder örtliche Einschränkungen sind für eine Mitarbeiterauswahl nicht mehr so relevant.
  • Es ist nicht mehr relevant, lokale Mitarbeiter zu rekrutieren. So lassen sich schnell weitere Fachkräfte schaffen.
  • Kosten für Büros etc werden gespart und können ein Unternehmen durch schlanke Kosten Wettbewerbs- und Krisenfähiger machen.

(etc – werde ich ergänzen)

Kontra Home Office

Ein Home Office ist mit vielen Herausforderungen verbunden:

  • Es wird unsozial, wenn einige Mitarbeiter ihr Recht auf Home Office erwirken und andere Mitarbeiter mit gleichem Bedarf (Kinderbetreuung, etc) in z.B. der Produktion, können dies nicht.
  • Die Arbeit im Home Office kann die Arbeitsleistung durch Ablenkung und fehlende Fokussierung deutlich reduzieren.
  • Wie soll die Arbeitszeit in Anbetracht der EU Initiative für neue Zeiterfassung via Home Office geregelt werden?
  • Die Mitarbeiter arbeiten gerne auch mal länger an einem Thema … aber können sich damit auch in eine Burn Out Gefahr begeben. Gerade die permanente Erreichbarkeit wird in der Gesellschaft berechtigt kritisiert und auch von vielen Unternehmern unterbunden.
  • Die Internetinfrastruktur ist für digitallastige Berufe auf eine verlässliche massentaugliche Arbeit im Home Office noch nicht ausgelegt. Das zeigt aktuell meine Erfahrung im Home Office. Auch wenn der Breitbandausbau schon bessere Ergebnisse liefert.
  • Das Home Office, gerade in regulierten Branchen, ist ein großes Sicherheitsrisiko. Eine Privatperson ist Remote technologisch nicht so gut ausgestattet, wie mit hohem personellen und finanziellen Aufwand im Unternehmen. Dadurch kann es zu erheblichen Risiken in sensiblen Bereichen kommen. Und wer kontrolliert beispielsweise Zutrittsregelungen Zuhause? Übernimmt der Staat auch die Kosten für diese Aufwände, wenn er das gesetzliche Recht einräumt? Ein „Digitalbonus“ für das Home Office?
  • Durch die Orts- und Zeitunabhängigkeit könnten internationale Mitarbeiter statt lokale Mitarbeiter bevorzugt werden. Dies behebt zwar einen Fachkräftemangel, stärkt damit aber nicht mehr die heimische Kaufkraft oder Motivation zur Ausbildung von Fachkräften.
  • Internationale Remote Worker unterbinden unsere seit Jahrzehnten erkämpften sozialen Rahmenbedingungen, z.B. Mindestlohn

(etc – werde ich ergänzen)

Zusätzliche Belastung der Exekutive und Judikative

Was ist überhaupt ein Home Office / Remote Arbeitsplatz? Wie soll man eine rechtliche Ableitung daraus erzeugen? Neben dem gesetzlichen Recht auf Home Office könnte man sogar auf den absurden Gedanken einer „Home Office Quote“ kommen. Aber wer prüft das? Nach einer Studie lassen sich nur 4 von 10 Arbeitsplätzen via Home Office durchführen. Sind unsere Verwaltungen und Gerichte nicht schon genug belastet? Müssen wir das noch verschlimmern, wenn es eigentlich gar kein Problem ist?

Mein Lösungsvorschlag: Wettbewerb

Nicht jede Firma besteht aus fancy geilen hippen New Workern. Das Bild halte ich auch für total überzogen. Dazu ein kurzer Hinweis: Deutschland möchte sich ja so gerne am Silicon Valley orientieren. Die Wirklichkeit dort ist: Massenhaltung von Mitarbeitern in durchaus schicken Büros mit vielen Annehmlichkeiten (lest hier meinen Erfahrungsbericht). Klar, sollten wir hier mal einen Schritt weiter sein, als „die“. Aber so?

Es gibt zur Lösung ein einfaches Mittel: Wettbewerb.

Ich bin davon überzeugt, dass sich Home Office automatisch und auch ohne rechtliche Bestimmung durchsetzen kann: Durch den guten alten Wettbewerb.

Unternehmen stehen im Wettbewerb um Talente. Wenn ein Unternehmen Mitarbeiter verliert, weil Home Office vielleicht gerade die aktuelle coolste Arbeitsweise ist, wird er automatisch seine Sichtweise überdenken oder sein Unternehmen verlieren.

Teilt mir gerne eure Meinung dazu mit. Ich werde den Artikel von Zeit zu Zeit aktualisieren. Bei mir gibts nie eine „Final Version“ 🙂

 

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