Chef sein: Entscheidungen treffen

Die ureigenste Verantwortung eines Chefs ist es, Entscheidungen zu treffen. Die gute Nachricht vor weg: Entscheidungen, die Du treffen musst, sind bereits getroffen. Das hat jemand für Dich übernommen. Cool, oder?

Unsere Aufgabe als Geschäftsführer ist es, jeden Tag viele Entscheidungen zu treffen. In der Verantwortung unserer Mitarbeiter und unserer Investoren. Da mögen die nächsten Sätze schon fast als Unverantwortlich klingen, aber lasst es bitte mal in Ruhe sacken. Es ist ein Gedankenspiel und keine Aufforderung zur Durchführung.

Durch die intensive Auseinandersetzung durch das Thema Neuromarketing sehe ich heute auch das Thema der Entscheidungen in einem besonderen Licht. Meine Meinung und Erfahrungen dazu, möchte ich euch gerne mitteilen. Womit gehts los? Klar … mit unserem Körper 🙂

Biologie

Ich bin kein geborener Geschäftsführer und auch kein Biologe, aber zufrieden mit meinen bisherigen Erfolgen. Und alle erfolgreiche Chefs haben haben eines gemeinsam: Einen unfassbar guten Instinkt. Erfolg entscheidet sich nicht dadurch, ob man besonders intelligent ist („Die dümmsten Bauern ernten die dicksten Kartoffeln.“) oder besonders stark („David gegen Goliath“).

Erfolgreich sind die Anpassungsfähigsten. 
Und meiner Meinung nach ist dies das Ergebnis 
das Hören auf seinen Instinkt. Oder habt ihr in 
der Evolutionsgeschichte in der Tierwelt Tiere
mit Whiteboard und Chancen/Risiken-Abgleich gesehen?

Das Spannende dabei ist: Unser Kopf hat schon längst für uns entschieden. Das limbische System im Hirn (ich nenne das im Folgenden „Instinkt“) hat noch vor dem einsetzenden Denken im Neokortex eine Entscheidung getroffen. Du kennst ausreichend Situationen, die das zeigen:

  • Du hast Dich verliebt, obwohl er/sie 500km weit weg wohnt.
  • Du hast das teure Handy oder Auto gekauft, obwohl es viel zu teuer ist.
  • Du hast für Deine Firma die Entscheidung für eine Software getroffen, obwohl der reine Funktionsvergleich gegen das Produkt sprach.
  • Du hast den Mitarbeitenden eingestellt, der einen total üblen Lebenslauf hat, aber irgendwie hat er doch überzeugt und macht grandiose Arbeit.

Wie oft sprechen die Fakten gegen eine Entscheidung, die Du doch getroffen hast? Warum hast Du das getan?! Weil Dein Instinkt dir das befohlen hat.

Anschließend versucht der Neokortex das irgendwie fachlich darzulegen. Du fängst an zu überlegen, dabei eigentlich ist alles schon gelaufen. „Ja, die tolle Uhr … also … ist ja auch ein Investitionsgegenstand … hab ich mir auch verdient … bla bla“. – Blödsinn. Du fandst die Uhr einfach nur geil.

Wir reden hier also ganz stark von einer emotionalen Ebene, die Du erst später durch Denken verarbeitest. Der zentrale Aspekt von Neuromarketing.

Tu es. Jetzt.

Ich bin davon überzeugt: Du hast sofort ein „Gefühl“ zu etwas. So verliebt man sich oder so hasst man, beispielsweise. Aber dann fange ich sofort an zu denken, wäge ab und ich stecke in der Bewertung und Entscheidung fest.

Das ist der innere Kampf des Nachdenkens mit Deinem Instinkt.

Es zahlreiche Fachbücher, wie man Entscheidungen trifft. Der bewährteste Vorschlag ist, sich eine Pro/Kontra-Liste aufzubauen. Naja – also wenn ich das mache, dann steht das Ergebnis am Ende eh schon so fest, wir ich mir das schon gedacht habe (Nein – eben NICHT gedacht. Gefühlt!). Dann lieber die Liste von einem Dritten machen … der Dich befragt … und dadurch auch hier das Ergebnis wieder beeinflusst ist. Da kannst Du besser würfeln.

Das Beste was man machen kann, ist, sich dem Instinkt anzunehmen. Nutze Dein Bauchgefühl – das ist für mich noch das nachvollziehbarste Gefühl, das den Instinkt repräsentiert.

Noch nie wirst Du so schnell Entscheidungen getroffen haben, wenn Du Deinem Instinkt folgst. Fehlentscheidungen passieren sowieso. Ich kenne keine Statistik. Die gibt es sicher irgendwo. Ich vermute, dass bei der radikalen Instinktvariante mehr richtige Entscheidungen rauskommen, als bei jeder lange überlegten Entscheidung. Du kannst auch so vielen Nächte drüber schlafen – die Entscheidung ist eh da. Sofort. Sie war schon immer da.

Apropos Bauchgefühl

Funfact: Der Darm hat 100-200 Millionen Nervenzellen, das enterische Nervensystem. Daher wird es auch als Bauchhirn bezeichnet. Wie erwähnt, ich bin kein Biologe. Aber ich hab mal ne einfache Theorie.

Ihr kennt ja sicher die Sprüche: „Da hatte ich ein ganz schlechtes Gefühl“ oder anders herum „Ich hatte Schmetterlinge im Bauch“. Hier scheint also unser Bauch, insbesondere unser Darm, je nach Gefühlslage zu reagieren. Sicher habt ihr schon mal gesehen, dass Tiere in einer Fluchtsituation ihren Darm und ihre Blase entleeren. So verliert man Gewicht und nutzt notwendige Restenergie. Wir Menschen sind da nicht anders. Ihr kennt das auch sicher, dass euch der Stress gerne auf den Magen und den Darm schlagen? Mir geht es so. Je mehr Stress ich habe, desto anfälliger bin ich z.B. für Durchfall.

Entscheidungen, die eigentlich klar sind, aber die man aufschiebt, erzeugen Stress. Ich vermute als Laie, dass auch hier das limbische System so stark feuert, dass es im Magen- und Darmbereich direkt umgesetzt wird und die o.a. Gefühle erzeugt. Da uns das limbische System das ja nicht direkt mitteilt, könnte uns das Bauchgefühl somit als Bote unseres Instinktes dienen. Vielleicht weit her geholt – wie erwähnt, nur eine Theorie 🙂

Warum dauert das so lange?

Je mehr Entscheidungen Du vor Dir herschiebst, desto weniger Entscheidungsfähig wirst Du werden. Bis zu einer Lähmung Deines Unternehmens. Du kannst es Dir nicht leisten, lange damit zu warten. Setzt einen sehr unter Druck, oder? Klar, das kenne ich. Und wie. Das zeigt Dir auch Dein Körper durch z.B. Stresssymptome.

Ein Beispiel: Ich musste vor einigen Jahren feststellen, dass sich das Kaufverhalten der Kunden meines Unternehmens so massiv änderte, dass ich mein Unternehmen in Gefahr begeben könnte. Ich musste Entscheidungen treffen. Unfassbar harte Entscheidungen, z.B. Personalentscheidungen. Es gibt keine schlimmeren Entscheidungen im Berufsleben, als das, finde ich. Ich hatte Angst vor den Reaktionen (die auch eintrafen), den Anwälten, den Verfahren, die Aufwände intern bei Ämtern, den Erklärungen gegenüber den Mitarbeitern. In dieser Situation ging es aber um die Zukunft. Das war im wahrsten Sinne eine „einsame Entscheidung“, weil man diese Entscheidung bei erster Betrachtung gegen alle trifft. Sehr komplex, das möchte ich hier nicht vertiefen. Ich habe mich gesträubt und es verzögert. Mir Ausreden gesucht .. gibt es nicht einen anderen Weg? Nein, natürlich gab es den nicht. Wir haben viel Zeit durch die Prüfung aller Optionen aufgewendet. Die Entscheidung war am Ende notwendig und reflektierend betrachtet sagte das mein Instinkt auch schon direkt bei der Konfrontation mit dieser Situation.

Warum treffen wir denn keine Entscheidungen?

Angst

Nicht nur die Entscheidung selbst ist als Instinkt emotional, sondern auch die Umsetzung. Wir haben Angst vor vielen Entscheidungen. Man muss ja eines wissen: Eine Entscheidung hat eine dunkle Seite. Eine Entscheidung ist naturbedingt nie einseitig. Kennst Du die Situation bei Freunden, Kollegen oder sogar bei Dir selbst, wenn Du weißt, dass eine Beziehung schon längst zerbrochen ist, aber Du Dir irgendwie noch so viele Gründe suchst, dass es ja irgendwie doch gehen muss … wegen der Kinder, Geld, Alleinsein und überhaupt.

Wir haben Angst vor den Konsequenzen. z.B. Aufwände, Rechtsstreitigkeiten, Auseinandersetzung, Kritik, emotionale Ausbrüche, Kosten und vieles mehr. Wir sind alle harmoniebedürftig. Das ist erstmal gegen unsere „denkende“ Natur. Der Instinkt ist da viel pragmatischer. Reflexartiger. Nur so haben unsere frühesten Vorfahren ohne den ausgeprägten Neokortex unseres heutigen Körpers überlebt. Und zwar erfolgreich. Daher wird das limbische System auch als Urhirn bezeichnet. Die Angst bekommst Du nicht weg. Du kannst das auch nicht trainieren. Du kannst nur eines tun: Mach es. Augen zu und durch. Es kommt doch sowieso!

Faulheit

Ich erwische mich oft dabei, dass ich Entscheidungen verschiebe, weil ich glaube, zu viel zu tun zu haben. Wenn man ehrlich zu sich selbst ist, ist das nur bedingt wahr. Das ist Faulheit.

Abhängigkeit

Nicht immer bist Du in der Situation, dass Du alleine eine Entscheidung treffen darfst. So sind die Entscheidungen von Gesellschaftern, Investoren und anderen Personen oder Umständen abhängig. Wobei Du jetzt drauf achten solltest, dass die „Umstände“ nicht doch wieder nur Angst oder Faulheit sind. Denk dran, dass alle Personen, die an der Entscheidung mitwirken, ähnliches durchmachen, wie Du.

Hier zeigt sich Deine ganze Fähigkeit als Chef. Kannst Du Dich durchsetzen? Erreichst Du Deine Entscheidung? Eines ist klar: Wenn Du einen Kompromiss eingehst, dann wirst Du unzufrieden sein. Du beleidigst quasi Deinen Instinkt. Das schlechte Bauchgefühl wird nur bedingt verschwinden.

Befreiung und Freude

Eine Entscheidung hat nicht nur die dunkle Seite – sondern auch die helle Seite. Du hast ein Ergebnis. Ok, es kann immer mal eine falsche Entscheidung sein. Solange Du diese noch korrigieren kannst – super. Aber immerhin hast Du die Entscheidung getroffen.

Dein Körper wird Dich belohnen. Und zwar wieder mit Emotionen (Hormonen): Ein Gefühl der Befreiung. Freude. Sogar Begeisterung. Je mehr Entscheidungen ich treffe, desto mehr Belastung fällt von meinen Schultern. Ich habe wieder Zeit im meinen Hirn, für neues Denken. Und ich persönlich kann viel besser schlafen. Wie oft grübelst Du Nachts über längst anstehende Entscheidungen nach?

Reflektierend kann ich sagen, dass ich die meisten Entscheidungen, die ich getroffen habe, auch wenn es wahnsinnig schwere Entscheidungen waren, eine positive Wirkung hatten. Sie haben mich und andere weitergebracht. Ich gebe aber auch gerne zu, dass ich diese radikale Form der instinktiven Entscheidungen selten anwende. Wobei …. Hoppla … künftig mehr instinktive Entscheidungen zu treffen, ist wieder eine Entscheidung 🙂

Plane den Effekt, nicht die Entscheidung

Jetzt schreibe ich viel davon, die Entscheidungen schnell durchzuführen. Das sollst Du auch. Grübel nicht, OB und WELCHE Entscheidung Du triffst. Aber plane den Effekt Deiner Entscheidung. Je besser Du den Effekt geplant und vorbereitet hast, desto erfolgreicher wird das Ergebnis der Entscheidung sein. Oft ist es also ratsam, mit der Veröffentlichung Deiner Entscheidung zu warten, bis alles passend vorbereitet ist. Präsentation an Mitarbeiter, Partner, Investoren oder Abklärung durch rechtlichen Beistand.

Zusammenfassung

Eine Entscheidung ist schon längst gefallen, ohne das Du es bewusst wahr nimmst.

Treffe gerne instinktiv und schnell Deine Entscheidung. Hör auf Dein Bauchgefühl.

Investiere Deine Zeit nicht in Abwägung der Entscheidung sondern in die Umsetzung und den Effekt der Entscheidung.

Du wirst durch instinktive Entscheidungen nicht mehr Fehler machen, als durch unendliches Grübeln, Abwägen, etc

Wie gesagt … dieser Blogbeitrag ist ein Gedankenspiel … wie habt ihr das selbst in eurem Leben erlebt?

Hinterlasse einen Kommentar