Nach 15 Jahren mit einigen Anläufen der Selbstständigkeit habe ich mir mittlerweile eine Firma mit einem tollen Team erarbeitet, welches siebenstelligen Umsatz generiert. Aber wie kommt man überhaupt dazu? Gibt’s ne Checkliste?
Warum gründen so wenige?
Es gibt im Jahr 2019 zwei interessante Erhebungen:
- Fast 2/3 der arbeitenden Gesellschaft in Deutschland würde sich Selbstständig machen
- Dagegen nimmt die Zahl der Gründungen gerade jetzt deutlich ab, wo die Voraussetzungen in Deutschland besser werden
Das beißt sich irgendwie, oder?
Ich denke, die Ursache liegt in der aktuellen Mentalität der Menschen, was auch ein aktuelles Führungs- und Verantwortungsproblem der Menschen ist. Führung eines Unternehmens wird sicher ein anderer Blogartikel werden auf den ich dann gerne verweise.
Ganz schlicht würde ich zusammenfassen: Die meisten quatschen gerne – die wenigsten sind die, die es wirklich tun. Die Macher. Zu Zeiten der großen Entdecker gab es bereits Millionen Menschen auf der Welt. Aber nur die wenigsten hatten den Mut und das Durchhaltevermögen, so derartig große Vorhaben durchzuziehen. Die Entdecker von damals sind die Gründer der Unicorns von heute. Die für die Entdecker zahlenden Königshäuser von damals sind heute die Venture Capital Firmen. Aber es muss ja nicht immer ein Unicorn sein 🙂
Warum ich Gründer geworden bin, kann ich nicht exakt erklären, auch wenn ich danach suche. Es kann eine Mischung aus fehlender Anerkennung oder unbewusster Erziehung durch meine Mutter sein. Ich glaube, dass kann ein Psychologe besser beurteilen. Wenn ich mich reflektierend als Kind sehe und mich dann heute – nicht erklärbar und nicht absehbar.
Gibt es ein Gründer-Gen?
Früher und bis heute habe ich mich immer gefragt: Kann ich mich selbstständig machen? Könnte ich erfolgreich sein?
Wir werden von Vorbildern geleitet. Das halte ich für ganz natürlich. Ich sehe, wie mein Kind mich „spiegelt“. Wir erlernen das Kopieren. Was uns vorgelebt wird, erzeugt unser Streben danach. Wir haben keinen anderen Maßstab, zumindest nicht als Kind. Und unterbewusst, vermute ich, bleibt es ein ganzes Leben lang. Überlegt mal, wie viele Kinder aus sozial schwachen Familien dieser Spirale entfliehen können. Statistisch gesehen sehr wenige. Sie sind ja mit nichts anderem aufgewachsen – welches Streben sollten sie haben, wenn das Frühere das Erlernte und der Status Quo waren?
Für mich ist aber sicher: Es gibt kein „Gründer-Gen“ im biologischen Sinne. Den Gründer kommen aus allen Schichten. Je höher der soziale Status des Gründers ist, desto besser sind aber sicher die Grundvoraussetzungen, z.B. Kapital oder Know How aus der Familie.
Ich kenne viele Gründergeschichten. Viele Biografien. Ich habe sie alle gelesen, weil ich damals vor der Entscheidung stand, aus der Komfortzone meines Angestelltenlebens in die Gründung zu springen. Aus den Biografien ergab sich kein Muster. Außer ein paar übereinstimmende Eigenschaften, die entweder da waren oder sich entwickelten.
Es gibt keinen nachvollziehbaren Schalter. Keine Checkliste, an der ihr euch messen könnt. Für mich ganz persönlich bin ich getrieben von der Endgültigkeit des Lebens.
Wenn ich 90 Jahre alt bin und bin im Altersheim. Ich stehe vor dem Finale meines Lebensendes. Will ich mich dann fragen: „Warum hab ich das oder das nicht gemacht?“.
Das gilt für vieles im Leben. Ich will in die Kiste steigen können, mit einem guten Gewissen, das Beste aus meinem Leben rausgeholt zu haben. Selbstverwirklichung. Anerkennung. Was Bleibendes erreicht zu haben. Sogar viele Menschen beeinflusst zu haben. Eine kleine Fußspur im großen Ozean der Zeit zu hinterlassen. Es ist mir wichtig, dass ich nicht nur für mich und meine Familie in Erinnerung bleibe, sondern deutlich darüber hinaus. Vielleicht kennt der eine oder andere das ja.
Vom Schnacker zum Macher
Mut und Risiko
Ich bin sehr konservativ aufgewachsen. Kennt ihr den Spruch: „Du darfst nur das ausgeben, was Du einnimmst“ von Deinen Eltern? Meine Jugend zeigte alles andere als Mut und Risikobereitschaft.
Irgendwann bist Du an der Schwelle zur Gründung. Vom Schnacker zu Macher. Das ist kein spontaner Einfall – das ist teilweise ein jahrelanger Prozess, wobei am Ende dann auch mal eine Entscheidung stehen muss.
Ich habe sehr sehr lange mit mir gekämpft. Die Überwindung. Das Risiko. Alleine mein Sprung aus dem öffentlichen Dienst in den freien Markt. Das war wirklich ein jahrelanger Prozess mit kleinen Versuchen und Tests. Ich bin nie Blind in ein Vorhaben reingegangen. Heute würde man das „Prototyping“ nennen. Das muss nicht unbedingt ein Produkt sein, sondern auch einfach mal eine keine Selbstständigkeit nebenbei ausprobieren.
Schlimmer war mein Sprung von meinem Angestellten-Dasein bei RedDot in die richtige eigene Gründung. Mir hat im Vorfeld Mut gemacht, dass ein Produktprototyp gut ankam. Das war nicht fair gegenüber meinem damaligen Chef, um das gleich zu erwähnen. Aber es gab mir die Sicherheit das zu tun. Welche Konsequenzen hatte der Schritt? Meine damalige Beziehung, an der auch ein Kind hing (nicht meines), zerbrach. Das gekaufte Eigentum musste ich abtreten. Ich zog aus, mit wenigen Möbeln in eine leere Wohnung in Bremen. Ich musste mein Auto, mein Notebook und mein Handy meines Arbeitgebers abmelden und hatte noch 2T Euro auf der Bank und quasi keine Einnahmen. Wer so bescheuert ist – das ist schon fast kein Mut mehr, das ist blanker Wahnsinn und Abseits jeglicher Vernunft. Wer so bekloppt ist und einen solchen Schritt wagt – und unbeirrt an seine Idee glaubt, der wird der Macher.
Du wirst genug Schnacker kennenlernen, die den ganzen Tag davon erzählen, welche genialen Geschäftsmodelle sie haben. Oder anders herum: Wie bescheuert Deine Idee ist: „Das würde ich ja niemals machen“. Wenn Du den einen Schritt mehr machst, gehörst Du zu den Machern. Das machen die allerwenigstens Menschen auf der Welt! Der Schnacker bleibt in seiner Komfortzone. Der Macher wird der Entdecker.
Ebenso ist es nicht schlimm, festzustellen, es nicht zu machen. Aber heul dann nicht im Altersheim oder jetzt schon bei Deinen Freunden beim Bier rum.
Als Gründer setzt sich Dein gesamtes künftiges Leben setzt aus Mut, Risiko, Scheitern, Lernen und Wahnsinn zusammen.
Scheitern, lernen, besser machen
Du brauchst vielleicht viele Anläufe. Ich sage Dir hier bereits eines: Das ist kein Scheitern!!! Das reden Dir andere ein. Scheitern sind Erfahrungen. Mein ganzes Leben mit all seinen Erfahrungen und Scheitern (ich bin oft gescheitert und ein vielfaches war ich davor!) waren wie die Ausbildung zum nächsten Level. Wenn Du aus der Erfahrung lernst – perfekt. Du wirst dadurch immer besser. Merk Dir das.
Der Macher ist insbesondere ein Ergebnis aus scheitern, lernen, besser machen.
Scheitern, bis hin kurz vor der vollständigen Aufgabe, stellt Dich vor besondere psychologische Herausforderungen.
Ich erinnere mich an meine Gründungsphase von AMAGNO. Ich saß mit Tony in einer inoffiziellen Untermietung eines Büros. Das Geld war aus. Das Produkt spukte noch nicht ausreichend Umsatz aus (hey, wir reden hier von 6 Monaten). Die Bank hat mich, wie immer, nicht unterstützt. Ein hinzugezogener Unternehmensberater sagte nach Sichtung meiner Unterlagen: „Geb auf“.
Kurz darauf stellte ich mich und Tony als Bewerber einer befreundeten Softwarefirma vor. Wir hätten beide dort anfangen können. Ich schlief (schlecht) eine Nacht drüber. Ich glaubte an mein Geschäftsmodell. Also fragte ich einige Freunde an, die Kapital vs. Anteile erhalten sollte. Das sind meine heutigen Gesellschafter. Ich hatte es innerhalb von einigen Tagen doch geschafft. Weitere ähnliche Situationen folgten.
Das ist im hohen Maße herausfordernd. Und das wird als Gründer Deine Normalität. Ich sage Dir: Der Schnacker läuft während des Scheiterns davon und hört auf. Der Macher glaubt mit schon einer kranken Weise an einen möglichen Erfolg. Und er findet dazu einen Weg.
Macher halten dauerhaft aus
Anderen fliegt der Erfolg zu. Das hatte ich nie. Ich musste mir alles verdammt hart mit guten Leuten um mich herum erarbeiten. Sobald ich mal die Zügel des Drucks los lies, um zu verschnaufen, kam wieder irgendeine Scheisse um die Ecke, die es wie eine Bestrafung ausehen lies, sich kurz auszuruhen. Dadurch verstärkte sich bei mir das permanente Gefühl, immer getrieben zu sein. Nie zufrieden zu sein.
Also: Fang an und geb niemals auf. Wenn Du die ersten Stürme überstanden hast – und das wirst Du – oder Du bist kurz vor dem Scheitern – steh wieder auf. Wenn Du das mehrfach geschafft hast, dann bist Du der Macher. Endgültig. Und ein Gründer, wie er im Buche steht.
Ich führe Tagebuch, was ich jedem empfehlen kann. Wenn ich eine ruhige Minute habe, dann schaue ich mir an, in welcher Scheisse ich schon gesteckt habe. Und wenn ich mit das durchlese, stehe ich mindestens alle drei Monate vor existenzbedrohenden Problemen.
Das Gute ist: Je mehr Stürme Du durchstanden hast, desto mehr vertraust Du darauf, dass Du das schaffst. Einige können das sicher besser – ich bin nach 15 Jahren langsam so weit. Die Natur hat mir aber auch kein gutes Nervenkostüm mitgegeben.
Ein Kommentar zu „Chef sein: Gründer sein“