Das Deutschland jetzt nicht gerade der Vorreiter der Digitalisierung ist, ist uns sicher allen klar. Umso mehr wird derzeit versucht, eine Aufklärung bezüglich der Fortschritte in anderen Ländern gegenüber Deutschland zu erreichen. So bot es sich an, im Oktober mit einer IHK Delegation nach San Francisco zu fliegen. In das Herz der Digitalisierung.
Welche Aspekte interessierten mich dabei besonders?
- Wie und kann überhaupt ein Markteintritt meiner Softwarefirma in den USA gelingen?
- Wie sieht die Wirklichkeit in den hippen Unternehmen aus, im Vergleich zu den Hochglanzbildern und lebhaften Schilderungen in unserem Land – also der Wahrnehmung des Silicon Valleys?
- Wie tickt die Arbeitsmentalität? Wie sind die Unternehmen strukturiert und organisiert?
- Warum werden bei uns vorrangig nur Softwareprodukte aus den USA eingesetzt, z.B. Paypal, Amazon, Twitter, Facebook, Dropbox oder Slack, statt Produkte, die in unserem Land produziert werden? Hierbei geht es nicht um ein nationales Befinden, sondern einfach um die Tatsache überhaupt. Wieso sind unsere eigenen Lösungen nicht so hipp, dass man sie hier selbst einsetzt oder in die USA rüberwandern?
Also gings ab von Bremen nach München nach San Francisco. Holzklasse … auf dem Rückflug hab ich ein Upgrade auf die Premium Economy gebucht … kann ich jedem empfehlen, denn die Economy Klasse der Lufthansa ist vergleichbar mit einem Tiertransport – sorry, Lufthansa. Aber über 10 Stunden mit der Beinfreiheit … geht gar nicht.
Erster Tag
Der erste Tag startete durch den Zeitverzug weniger entspannt. Ich lief früh morgens von meinem Hotel (Hilton an der Market Street) ans Wasser. Hierbei trifft man schnell auf die soziale Situation von San Francisco. Dort leben über 7.000 Obdachlose auf der Straße. Noch nie habe ich so viele Bedürftige gesehen, wie an diesem Morgen, da kaum Leute auf der Straße waren. Sogar eine Mutter mit ihrem kaum bekleideten ca. 2 Jahre alten Mädchen kamen mir Barfuß entgegen … kein schönes Bild. Aber zum Thema „Sozial“ komme ich noch.
Die klimatischen Bedingungen dort sind für uns Europäer sehr angenehm. Die Umgangsformen übrigens auch sehr locker. Jeans, Shirt, reicht.
Startworkshop
Zum Start unserer Reise gestalteten zwei Insider einen interessanten Workshop, damit wie im Vorfeld unsere Gedanken sortieren und einordnen konnten. Letztendlich war dies sehr hilfreich, denn die Menge an Informationen und Eindrücken war schon enorm. Die beiden Berater kümmern sich hauptsächlich um die Kulturunterschiede der Märkte Deutschland / USA. Und das kann ich gleich sagen: Mit gutem Grund! Die Unterschiede sind im wahrsten Sinne des Wortes „extrem“.
Innovation-Walk
Anschließend haben wir uns einen Innovation-Walk vorgenommen. Das bedeutet, ein kleiner Stadtrundgang mit innovativen Geschäftskonzepten. So gab es Robotter, die Kaffee zubereiteten oder mit Converse ein Schuhgeschäft, welches Schuhe im hohen Maß personalisiert, um Überlebensfähig im Markt zu bleiben.
Der interessanteste Part war das openhouse. Dieses etwas andere Geschäft zeigt im Grunde alle „hippen“ Technologieprodukte, die man aus den Gründerportalen kennt. Zum Anfassen und Ausprobieren.
Ein wesentlicher Baustein der Denkweise im Silicon Valley ist das vollständige Hinterfragen jeglicher Aspekte unseres Lebens, um es für eine bessere Welt zu disruptieren.
Dazu gab es für unsere bunt gemischte Gruppe schnell spannende Diskussionen, wie wertvoll einige der Produkte sind. Man sieht beispielsweise auf einer meiner oben gezeigten Bilder Halterungen für Toilettenpapier, Einmaltücher und Seifenspender. Diese sind vernetzt und melden, wenn der „Vorrat“ erschöpft ist. Während ich persönlich der Meinung bin, dass ich schon weiß, wann mein Klopapier zu Ende ist, gibt es hier unterschiedliche Meinungen. Ist natürlich toll, wenn sich meine Klopapierrolle automatisch auf eine Einkaufsliste setzt oder gleich bestellt, mir „Verbrauchsstatistiken“ anzeigt … wer das für sich braucht und viel Geld dafür investieren möchte … bitte sehr. Das ist ein Gimmick, was ich selbst jetzt nicht kaufen würde. Aber es war toll, diese ganzen Goodies mal anzufassen und zu sehen, die man sonst nur im Internet / Youtube sieht.
Sightseeing
Der Tag fand seinen Abschluss mit dem Besuch der Golden Gate, einer tollen Stadtrundfahrt, ein grandioser Rundumblick von den Twin Peaks auf San Francisco und einem doch etwas erbarmungslosen Fußmarsch von dort zurück zum Hotel mit Halt im High Ashbury, dem ehemaligen Hippybereich von San Francisco. Sehr abgefahren … Gras braucht man dort nicht kaufen … atmen reicht 🙂