Ok, zuerst wollte ich schreiben: „Arbeitgeberbewertungsportale“. Aber eigentlich gibt es nur einen Platzhirschen. Also warum nicht seinen Namen direkt schreiben. Seine Bedeutung und den Umgang mit dem Portal als Chef möchte ich gerne kurz beleuchten. Denn das Portal kann euer Unternehmen stark schwächen.
Kununu hat mich lange überhaupt nicht interessiert. Ich freute mich, dass der eine oder andere glückliche oder auch leicht unzufriedene Mitarbeiter das Unternehmen bewertete. Heute sehe ich das in einem ganz anderen, sehr relevanten Licht.
Anlass für diesen Artikel ist eine starke Negativbewertung eines angeblichen Mitarbeiters, die heute eingetrudelt ist. Und die damit verbundene Abhängigkeit eines Unternehmers und Gründers gegenüber dieses Portals.
Was macht Kununu?
Kununu ermöglicht es als Plattform, seine aktuellen und vorherigen Arbeitgeber zu bewerten. Dazu stehen in verschiedenen Rubriken Sterne zur Verfügung und zu jeder Rubrik kann auch ein Kommentar abgesetzt werden. Daraus ergibt sich für außenstehende Leser das Bild der Mitarbeiter eines Unternehmens und deren Stimmung. Wenn nicht sogar mehr, wie dieser Artikel offenbart. Grundsätzlich gibt es auch Spielregeln, was in den Texten zur Bewertung stehen darf.
Basics
Das Folgende sollte man unbedingt wissen:
- Die Bewertung ist zum Schutz des Bewertenden anonym. Ob es sich wirklich um einen (ehem) Mitarbeiter handelt, ist unklar.
- Als Arbeitgeber habe ich nur die Option einer Antwort. Der Arbeitgeber ist also der Bewertung ausgeliefert. Ich kann diese als Arbeitgeber nicht verhindern und nicht beeinflussen.
- Ich habe als Arbeitgeber keinen Einfluss darauf, dass mein Unternehmen aufgeführt ist. Man ist also unvermeidlich dieser Plattform ausgeliefert.
- Supportanfragen mit Hinweis auf z.B das vorrübergehende Stoppen der Bewertungen bei Restrukturierungsmaßnahmen (gegen Hate-Posts) oder auf Nichteinhaltung der Spielregeln in den Texten werden, wenn überhaupt, mit Zeitverzug beantwortet.
Folgen
Die Folgen der Bewertungsplattform können dramatisch sein, wie ich gleich in zwei Beispielen aufführe. Hier die Negativ-Folgen in einer Übersicht:
- Bewertungen über einen schlechten Arbeitgeber verhindert die Rekrutierung neuer, vielleicht sehr relevanter Schlüsselmitarbeiter.
- Bewertungen mit falschen Hinweisen auf die Produkte und Leistungen des Arbeitgebers führen ganz klar zu Umsatzverlust und Rufschädigung des Unternehmens.
Beispiel 1: Hate-Posts
Es gibt Negativ-Bewertungen und in seinem Ausbruch sogar Hate-Posts mit schlimmen Auswirkungen.
Durch ein sehr schnell geändertes Kaufverhalten unserer Kunden war ich strategisch gezwungen, meinem Unternehmen eine Radikalkur zu verpassen. In unserem Fall hieß es, sich an die Kundenbedürfnisse anzupassen. Ein On Premise Softwareunternehmen auf ein Cloudunternehmen umzubauen. Jeder Gründer und Geschäftsführer, der das schon mal aus Aufgabe hatte, weiß, wo von ich rede. Damit ändert sich ein komplettes Unternehmen. Nichts bleibt, wie es war.
In diesem Kontext war es notwendig, 30% der Mitarbeiter im Rahmen einer Restrukturierung zu entlassen. Das ist eine sehr ernste Angelegenheit und die schlimmste Erfahrung in meinem Leben. Und natürlich nimmt jeder Mitarbeiter das persönlich. Daraus ergeben sich Wut, Frust und Agression als psychologische Reaktion.
Da mir das klar war, bat ich Kununu im Vorfeld via Support, meiner Bitte nachzukommen, die Bewertungen zu pausieren. Nicht zur Verhinderung, sondern damit sich die entlassenen Mitarbeiter abkühlen und dann in Ruhe bewerten. Darauf gab es erst Wochen später eine Antwort. Da war aber schon alles im Gange.
Und natürlich kamen die schlechten Bewertungen. Und zwar in voller Breitseite mit den intimen Details, über die gem. Arbeitsvertrag Stillschweigen zu halten war. Aber wen soll ich zur Rechenschaft ziehen, wenn ich keine Auskunft über die Personen bei Kununu erhalte.
Dabei war ein Mitarbeiter besonders auffällig. Er hat während seiner noch verbleibenden Arbeitszeit im Office direkt einen Hate-Post mit seiner berufliche Mailadresse abgesendet und mal so richtig losgelegt. Dabei stand nicht nur ich direkt als Adressat in den Texten, sondern auch die angeblich schlechte Produktqualität sowie ein offen aufgeführter „Insolvenzverdacht“.
Wohlgemerkt: Dieser Post stand dann im Netz! Auf Kununu. Jeder konnte das lesen. Der Wahrheitsgehalt dieses Posts entsprach keinesfalls der Wirklichkeit, aber wer prüft das? Ein solcher Post hat dramatische(!) Auswirkungen.
Dieser Post hätte NIEMALS durch die Kontrolle von Kununu durchlaufen dürfen. Ist es aber. Er hat gegen alle Vorgaben der Posts von Kununu verstoßen und war Online.
Der Effekt war drastisch:
- Kunden und Partner riefen mich an, was in unserer Firma gerade passiert? Gibt es uns morgen noch?
- Interessenten mit Angeboten sprangen ab, da sie unser Unternehmen gefährdet sahen. Dies hat uns einen hohen Auftrag gekostet.
Diesem Mitarbeiter, dessen Hass sich auf mich richtete, gefährdete damit das ganze Unternehmen.
Ich schrieb darauf hin sofort an Kununu.
Der Kununu Support hat reagiert – und zwar über einen Monat später! Solange war ich der Willkühr der Offenlegung dieser unkontrollierten Postings ausgeliefert.
Ich möchte nicht wissen, wie der Wettbewerb die sensiblen und auch falschen Details gefeiert hat.
Beispiel 2: Negativ-Bewertungen
Jetzt gibt es natürlich noch die allgemeinen Negativ-Bewertungen. Das ist auch absolut legitim, denn kein Unternehmen ist perfekt. Jeder Mitarbeiter hat andere Vorstellungen von seinem Arbeitgeber und seinem Team. Nicht immer ist das Teambild harmonisch.
Also gibt es in der Regel nach dem Arbeitsplatzwechsel die Negativ-Bewertungen.
Hier wirkt der nächste Effekt. Wir suchen natürlich auch weiterhin Spezialisten und Talente. Gerade im IT Umfeld ist das kein zuckerschlecken.
Potentielle neue Mitarbeiter informieren sich genau über Jobs. Bei der Auswahl an IT Jobs, die gerade verfügbar sind, ist ein gut bewerteter Arbeitgeber sehr wichtig. Es ist derzeit ein Krieg um Talente. Das mal der eine oder andere negativ bewertet, ist normal. Die Menge oder die Art der Kommentare machen es.
Wir haben alleine durch wenige Negativ-Posts Erklärungsaufwand bei Bewerbern. Im Grunde ist es wie bei AMAZON. Die guten Bewertungen werden schon fast ignoriert (zu viele). Es werden dann insbesondere die negativen Bewertungen zulegt.
Und hier ist die richtige Reaktion auf die Bewertung notwendig. Siehe später die Tipps für Chefs.
Objektivität der Bewertungen
Liest man sich die Bewertungen seines Unternehmens oder auch anderer Profile durch, kann man sehr schnell zwei Ableitungen erzeugen:
Gute Bewertungen sind fast immer Objektiv. Es gibt berechtigte und konstruktive Einwände, aber dies ist oft fair und real.
Schlechte Bewertungen sind durch das reine Dampfablassen gegenüber Chefs oder Kollegen nicht objektiv. Im Gegenteil.
Ein schönes Beispiel, an dem man dies erkennt, sind die zu Benefits. Also das, was das Unternehmen den Mitarbeitern bietet, beispielsweise Events, Parkplätze, etc.
Die guten Bewertungen geben sich die Mühe, die Benefits mit anzugeben. Die Benefits tragen zum Wohlbefinden im Unternehmen bei und sind ein Entscheidungskriterium für Bewerber. Die schlechten Bewertungen ignorieren im Grunde immer die Benefits. Das zeigt schon, dass es hier nicht mehr um eine objektive Bewertung handelt. Wenn ich sehe, wie viel ich in mein Team und gute Arbeitsbedingungen investiere: Events, Open Fridays, Pizza Fridays, flexible Arbeitszeitregelungen, Parkplätze für Autos und Fahrräder, etc … und dies wird alles bei den negativen Bewertungen nicht gewürdigt und berücksichtigt. Achtet mal drauf, wenn ihr euch die Bewertungen in anderen Unternehmen anschaut.
Apell an Negativ-Bewerter
Jedem Chef ist es klar, dass er kein perfektes Unternehmen hat. Sehr oft sind Negativ-Bewertungen ein Ausdruck der Verzweiflung, Frustes und sogar Hasses. Des „Nicht-gehört-seins“.
Oft betrifft eine schlechte Bewertung nicht das ganze Unternehmen. Sonst hätten die Mitarbeiter nie den Job angenommen. In der Regel betreffen diese ganz persönlichen Differenzen den Chef oder wenige Mitarbeiter.
Aber, liebe Bewerter, ihr trefft damit die Falschen.
Ihr trefft damit alle eure Kollegen, von denen Ihr auch viele als Freundschaften pflegt.
Ihr risikiert die Arbeitsplätze eurer Kollegen, da ihr nicht seht, dass ihr nicht die Personen selbst trefft, sondern die ganze Firma! Wenn euch etwas an euren Kollegen liegt, dann solltet ihr eine ganz faire Geste machen:
Sprecht euer Missfallen offen und persönlich im Unternehmen an. Bei den Personen, die es betrifft oder Mentoren, die das besser verpacken können.
Tipps an Chefs
Ich habe bereits jetzt einiges gelernt, was ich euch Chefs gerne weitergebe:
- Achtet regelmäßig auf Kununu Bewertungen. Registriert euch und lasst euch benachrichtigen, damit ihr schnell reagieren könnt.
- Rechnet NIEMALS mit einer (zeitnahen) Unterstützung von Kununu. Das ist ein Arbeitnehmer, aber kein Arbeitgeberfreundliches Portal. Das Tolle ist: Ihr dürft für diesen schlechten Service noch bezahlen, wenn ihr über Kununu mit hübschen Arbeitgeberprofilen Jobs gewinnen wollt.
- Bewertungen auf Kununu können Mitarbeiter gewinnen, aber auch Unternehmen gegenüber Bewerbern, Kunden und Interessenten schlecht darstellen lassen. Es droht sogar Umsatzverlust.
- Macht ihr euren Job gut, dann wird euch Kununu auch als guten Arbeitgeber auszeichnen. Für mich stellt sich aber die Werthaltigkeit, wenn niemand die Bewertungen sauber kontrolliert. Daher sollte das Lob bitt auch aus Überzeugung kommen, wie bei mir und nicht als plumper Textblock.
- Reagiert bei allem Frust und bei allen harten Anschuldigen besonnen. Nutzt sofort die Option des Arbeitgeberkommentars. Verstrickt euch nicht in zu tiefen Begründungen. Ein Bedauern, dass es nicht geklappt hat und der Kollege woanders eine passendere Arbeit gefunden hat, zeigt von Größe. Zeigt aber notfalls auch ganz klar an, wenn hier falsche Informationen dargestellt werden, z.B dass sich Personen bei Interesse über die Wahrzeit auch direkt beim Unternehmen informieren können. Ebenso nehmt ihr die Luft raus, wenn ihr den Mitarbeitern anbietet, das persönliche Gespräch zu führen. Auch wenn wir nicht immer eine Lösung haben, aber immerhin hilft es, sich einmal auszutauschen.
- Reagiert bei guten Bewertungen. Lobt die Kollegen für die Treue und die positiven Worte. Mir tut das ganz persönlich als Chef unglaublich gut, wenn nicht nur wir loben (sollten), sondern auch die Mitarbieter UNS mal loben.
- Bittet eure Mitarbeiter nicht um Bewertungen bei Kununu, wenn sie „mit dem Unternehmen zufrieden sind“, z.B für Mitarbeitergewinnung. Im Endeffekt melden sich dann die Kollegen, die nicht zufrieden sind. Also eher nicht so der erwartete Effekt.
- Erstellt im PR und Marketingteam einen Kommunikationsleitfaden, wie mit guten und schlechten Bewertungen über Arbeitgeberkommentare zu verfahren ist.
Persönliches Fazit zu Kununu
Selbst mit einem Premiumprofil bei Kununu erreicht man keinen Sonderstatus für schnellere Supportanfragen bei Kununu. Man kann sein Profil aufhübschen. Hier hat es übrigens Wochen gedauert, bis unsere Kollegen aus dem Marketing bei XING und Kununu die entsprechenden Rechte hatten, während die Zahlungen aber bereits liefen.
Persönliche Anfragen an die Plattform und an den Support und an die Geschäftsführung blieben unbeantwortet. Hierbei ging es insbesondere darum, das sich das Unternehmen kununu und XING erklären, wie sie sich der Verantwortung gegenüber den dargestellten Arbeitgebern sehen, die hier teilweise am Pranger stehen.
Für mich ist eine Plattform, in der noch nicht mal der Support schnell eingreift und auch die User nicht ausreichend validiert, nicht legitim. Die unkontrollierbaren Bewertungen können die Existenz eines Unternehmens direkt beeinflussen (Umsatzverlust und Rufschädigung).
Nachtrag 22.10.2019
Nach dem wieder zwei extrem unverhältnismäßige Bewertungen eingetroffen sind, erfolgte von mir nochmals die Meldung an den Support mit der Bitte um Prüfung und auch um Erklärung, wie man die Bewertungen validiert. Auf letztere Frage gab es keine Antwort, aber diesmal reagierte der Support innerhalb kurzer Zeit und die Bewertungen sind aktuell offline und waren somit offenkundig Fake. Also, der Support kann auch schneller 🙂